Abgeschickt von Karl Schneider am 03 April, 2005 um 09:37:08
Antwort auf: wagenburg gründen im stadtbereich von lutzonline am 01 April, 2005 um 18:03:09:
Wer im Wagen leben will, hat mit einer Fülle von Regelwerken, Gesetzen, Anordnungen und Bestimmungen zu rechnen, die explizit festlegen, ob und unter welchen Umständen ein Wohnen im Wagen erlaubt werden kann:
Nach der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) § 2 Abs. 1 sind Bau- Zirkus-, Wohnwagen u.ä. als "Bauliche Anlagen" zu betrachten und unterliegen somit der Genehmigungsflicht: Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Baustoffen und Bauteilen hergestellte Anlagen. Eine Verbindung mit dem Boden besteht auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht (...) oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Dies gilt vor allem für Fahrzeuge, die wie Gebäude o. dergl. benutzt werden. Dabei ist es unerheblich, ob diese fahrtüchtig sind oder nicht. Auch der Begriff der sog. "fliegenden Bauten" ist eindeutig in § 84 NBauO definiert und läßt dem Wagenwohnenden, da Wohnwagen und selbst Zelte ausdrücklich ausgeklammert sind, keinerlei Spielraum. Es liegt also bei der jeweilig zuständigen Baubehörde, ob diese eine dementsprechende Genehmigung erteilt. Da sie aber dem allgemeinen politischem und gesellschaftlichen Umfeld verflichtet ist, ist der dabei zur Verfügung stehende Spielraum für die Entscheidungsgründe beträchtlich. Dieser Spielraum allerdings wird i.d.R. zu Lasten der Wagenbewohner ausgelegt.
In § 1 NBauO werden die baulichen Anlagen grundsätzlich - aber interpretierbar - bewertet: Bauliche Anlagen müssen so angeordnet, beschaffen und für ihre Benutzung geignet sein, daß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht gefährdet wird. Besonders dürfen Leben oder Gesundheit nicht bedroht werden. Unzumutbare Belästigungen oder unzumutbare Verkehrsbehinderungen dürfen nicht entstehen. Bauliche Anlagen dürfen nicht verunstaltet wirken und dürfen auch das Gesamtbild ihrer Umgebung nicht verunstalten.
Da hilft es auch nicht, auf einen der vielen bundesweiten Campingplätze oder Kleingartenanlagen auszuweichen. Diese nämlich sind als ganzes schon als bauliche Anlage eingestuft und lassen ein dauerhaftes Wohnen nicht zu. Das bundesweit einheitliche Baugesetzbuch (BauGB) wiederum regelt in § 35 das Bauen im sog. Außenbereich und ist somit also für alle Wagenbewohner, die im ländlichen Raum siedeln, von existientiellem Belang.
Danach ist das Bauen grundsätzlich nur der sog. "privilegierten" Benutzung vorbehalten, ansonsten besteht i.d.R. ein allgemeines, absolutes Bauverbot.