Gemeindeeigener Entwässerungskanal auf Privatgrundstück


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Gesendet von Timo Neuland am 15 Mai, 2023 um 18:48:31:

Es sei das folgende hypothetische Szenarium angenommen:
Bauherr B möchte beim Bau seines Privathauses Kosten sparen. Weil aus Gründen des Geländes der Anschluss seines Abwassers an den vorgesehenen öffentlichen Kanal aufwendig und teuer wäre, möchte er die Entwässerung über das unterhalb liegende Privatgrundstück seiner Nachbarin N legen, welches über einen besseren Zugang zum öffentlichen Abwassernetz verfügt.
Die Gemeinde G schließt daraufhin mit Frau N einen entsprechenden Vertrag über eine Nutzung deren Grundstücks zur Verlegung des Entwässerungskanals von B, aber ausdrücklich nur zur Ableitung von Brauchwasser. Oberflächenwasser soll nicht über diesen Kanal abgeleitet werden.
Weil Frau N auf besagtem Grundstück ebenfalls ein Privathaus baut, erlässt ihr die Gemeinde G im Gegenzug ihre Kanalanschlusskosten.
Nehmen wir weiter an, dass in diesem Vertrag auch die Grundbuch-Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit für die Gemeinde G bzw. Bauherr B vereinbart wird. Inhalt der Eintragung soll das Recht von G bzw. B sein, durch das Grundstück von N eine Kanalleitung zu verlegen.
Außerdem soll angenommen werden: Nachdem Frau N verstorben ist und ihr Ehemann E das Anwesen geerbt hat, stellt sich heraus, dass der Vertrag zwischen N und G in zweierlei Hinsicht gebrochen wurde:
1) Um erneut Kosten zu sparen, leitet B auch sein Oberflächenwasser über diesen Kanal ab.
2) Entgegen den vertraglichen Vereinbarungen zwischen G und N wurden größere Abwasserrohre (20cm Durchmesser statt der vereinbarten 15cm) verlegt. Dieser 20cm-Entwässerungskanal mündet unterhalb des von Frau N errichteten Hauses in dessen eigenes Abwasserrohr, das aber nur 15cm groß ist.
E hat nun die Befürchtung, dass es aufgrund dieser Rohrverengung im Falle von Starkregenereignissen zu einem Rückstau größerer Mengen des (eigentlich unzulässig eingeleiteten) Oberflächenwassers von B kommen könnte, mit möglichen Wasserschäden am Haus von E.
Vertreter der Gemeinde sagen ihm mündlich zu, anlässlich ohnehin geplanter Tiefbauarbeiten am öffentlichen Kanal diese Verengungsstelle zu beseitigen und den Kanal von B direkt in die Kanalisation zu leiten. Diese Zusage wird aber bis dato nicht umgesetzt.
Gehen wir des Weiteren davon aus, dass die ungeklärte Situation über viele Jahre besteht, bis E erwägt, aus Altersgründen sein bebautes Grundstück zu verkaufen.
Er erkennt, dass der Entwässerungskanal seines Nachbarn mit der unbefriedigenden Anschlusslösung einen Verkauf erschweren könnte. Außerdem gibt es keinerlei Vereinbarungen über die Zugangsrechte der Gemeinde G zu seinem Grundstück, um den gemeindeeigenen Kanal zu warten bzw. instand zu halten.
E nimmt Grundbucheinsicht und erfährt, dass die vor über 40 Jahren mit seiner verstorbenen Frau vertraglich vereinbarte beschränkt persönliche Dienstbarkeit zu Lasten seines Grundstücks (siehe oben) nie im Grundbuch eingetragen wurde. Der Mitarbeiter des Grundbuchamts ist der Meinung, E könne daher jederzeit den Kanal aus seinem Grundstück „herausreißen“.
Abschließend soll noch Folgendes angenommen werden: Gemeinde G hat E vor kurzem den Entwurf einer „Vereinbarung über die Bestellung einer Grunddienstbarkeit“ zukommen lassen, in der das Leitungsrecht für o.g. Entwässerungsleitung über das Grundstück von E, inkl. Betretungs- und Befahrungsrecht, festgeschrieben und im Grundbuch eingetragen werden sollen. E hat diese neue Vereinbarung nicht unterschrieben.
Folgende Fragen tauchen nun auf:
- Wäre in diesem Szenarium der Hinweis des Grundbuchbeamten rechtlich zutreffend, dass E den Kanal eigenmächtig entfernen dürfe? Oder hätte die Gemeinde G auch noch nach mehr als 40 Jahren das Recht, den damals zwar mit Frau N vereinbarten, aber versäumten Grundbucheintrag nachzuholen?

- Käme alternativ ein Recht auf Entfernen des Kanals auch dadurch zustande, dass größere Rohre als vereinbart verlegt wurden und unzulässigerweise Oberflächenwasser eingeleitet wird?

- Gäbe es, im Falle des genannten Starkregenereignisses mit Wasserstau, eine „automatische“ Haftungspflicht der Gemeinde G bzw. des Nachbarn B bezügl. eventueller Wasserschäden am Haus von E?

- Hätte die Gemeinde durch ihre Instandhaltungspflicht schon jetzt ein „automatisches“ Zutrittsrecht zum Grundstück von E, evtl. unangekündigt und inklusive schweren Geräts?
Weitere Hinweise auf die jeweiligen Rechtspositionen von E, B und der Gemeinde G wären erwünscht.




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