Gesendet von Bauassessor am 08 Juni, 2017 um 17:32:13:
Antwort an: Re: Rückwirkende Genehmigung einer mehr als 100 Jahre alten Nutzung? posted by Dirk Baumeister am 06 Juni, 2017 um 17:32:13:
Hintergrund ist, dass ein Nachbar sich beschwert hat - zunächst bei der Bauaufsichtsbehörde, und als da nichts aktiv passiert ist, bei der Bezirksregierung, die die Bauaufsicht zum Handeln gezwungen hat.
Die Bauaufsicht hat nun den Eigentümer über deren Einschätzung informiert (beides illegal, da keine Baugenehmigung), und dass man den Zustand duldet bis zum Tod des Eigentümers. Im Bezug auf das Tanklager wird noch auf den Eigentümerwechsel in den 60er Jahren hingewiesen - spätestens da hätte man einen Bauantrag stellen müssen, der aber dann abgelehnt worden wäre. So die Auffassung der Bauaufsicht.
Der Eigentümer wiederum sagt (und die Auffassung teile ich), maßgeblich ist das Bau- und Planungsrecht beim Bau als Tanklager (also 1895) und separat für den Verwaltungstrakt (also die 70er Jahre). In den 70er Jahren galt damals schon der Bebauungsplan (WA). Da der Verwaltungstrakt mit dem Tanklager baulich verbunden ist, wäre jetzt die entscheidende Frage, ob das Tanklager eine förmliche Baugenehmigung braucht. Nach meinem Kenntnisstand war das 1895 noch nicht nötig. Wenn das Tanklager geschlossen werden muss, wird der Verwaltungstrakt ja nicht mehr benötigt. Den Verwaltungstrakt rückwirkend zu genehmigen, halte ich durchaus für machbar, da abgesehen vom Personalverkehr (2 Mitarbeiter) kein Kundenverkehr stattfindet.
: Eigentümerwechsel wirkt sich nicht auf die Rechtmäßigkeit der Nutzung aus. Baugenehmigungen sind immer dinglich. (Ausnahme: § 35 BauGB)
: Bei der Behörde würde mich deren Rechtsgrundlage für eine persönlich wirkende Genehmigung interressieren.
: Eine planungsrechtliche Neufestsetzung im BPlan (Überplanung) kann sich meines Wissens auch nur auf die Zukunft auswirken. Rechtmäßiger Bestand bleibt rechtmäßig (Bestandschutz). Und die theoretische Rechtmäßigkeit eines vor der Planänderung bereits bestehenden Gebäudes bleibt auch möglich.
: Ich hatte die Fragestellung dahingehend verstanden, dass es um die nachträgliche Genehmigung des Verwaltungstraktes ginge. Wenn der Verwaltungstrakt nach Satzungbeschluss des BPlanes, also planungsrechtlicher Festsetzung eines WA gebaut wurde, müsste er im WA zulässig gewesen sein, um legalisierbar zu werden.
: : Hallo Herr Baumeister,
: : vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Mit der Aufteilung der Grundstücke wegen der Umgehungsstraße wurde ein Bebauungsplan aufgestellt, der für das "neue" Grundstück ein Wohngebiet festgesetzt hat. Für den alten Teil wurde aber kein Bplan beschlossen. Daher ergibt sich der Unterschied.
: : Ihre Antwort hatte ich auch so in Erinnerung, allerdings vertritt das zuständige Bauamt das Argument, dass mit dem Eigentümerwechsel in den 60er Jahren das Jahr nun als Beurteilungsgrundlage für die Genehmigungsgrundlage gilt. Meines Wissens ist die Genehmigung aber immer grundstücksbezogen und nie eigentümerbezogen. Und da der neue Eigentümer keine genehmigungspflichtigen Veränderungen an dem Objekt vorgenommen hat, muss meiner Meinung nach ein früheres Datum gelten - nämlich der Zeitpunkt, an dem die heutige Nutzung in dem Gebäude begonnen hat bzw. das Datum der letztmaligen genehmigungspflichtigen Änderung. Und das wäre entweder 1895 (und da gab es nach meinem Kenntnisstand noch keine Genehmigungspflicht für Brennstofflager) oder irgendwann in den 1910ern, als der Lagerplatz um einen Heizöltank ergänzt worden ist.
: : Der Tank ist seit dem immer den aktuellen Anforderungen des TÜV etc. angepasst worden. Die Veränderungen waren aber nie baugenehmigungspflichtig.
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: : : Woraus erschließt sich denn die Einstufung WA? Wenn es sich um 34er Gebiet handelt, müsste bei der Einstufung des Gebietscharakters der Betrieb doch mit berücksichtigt werden, oder? Und dann könnte es in eine Gemengelage oder MI kippen, was die planungsrechtliche Zulässigkeit zur Folge haben kann.
: : : Genehmigungslage des nachträglich zu genehmigenden Gebäudes wäre seit Errichtung des Gebäudes zu beurteilen. Der Bestand des Betriebes könnte sich nur auf die Beurteilung des Gebietscharakters auswirken.
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: : : : Hallo,
: : : : folgender Sachverhalt stellt sich dar. Eine Tankanlage (Heizöl) wird seit 1895 am Standort betrieben. In den 60er Jahren erwirbt der heutige Eigentümer den Betrieb. In den 70er Jahren wird hinter dem Betrieb eine Umgehungsstraße gebaut. Dabei wird das bisherige Grundstück in zwei Teile aufgeteilt. Auf dem "neuen" Grundstück baut der Betrieb im Anschluss ohne Genehmigung einen Verwaltungstrakt.
: : : : Planungsrechtlich liegt das Tanklager in einem Innenbereich mit dem Charakter eines Mischgebiets, der Verwaltungstrakt liegt in einem Allgemeinen Wohngebiet.
: : : : Jetzt erhält der Eigentümer nach mehrfachen Beschwerden der Nachbarn den Hinweis von der Bauaufsicht, dass das Gebäude niemals genehmigungsfähig gewesen sei und der Betrieb daher nur geduldet sei. Bei einem Verkauf des Unternehmens würde man aber die Duldung entziehen. Damit ist das Unternehmen quasi wertlos geworden, da die Sanierungskosten für das Heizöllager sicherlich die Einnahmen eines Grundstücksverkaufs aufzehren werden.
: : : : Die Bauaufsicht bezieht sich in ihrer Einschätzung aber nur auf den Zeitraum seit dem Erwerb des Grundstücks in den 60er Jahren. Der Betrieb existiert aber dort schon viele Jahrzehnte länger. Gibt es eine Chance, den Betrieb heute noch zu legalisieren?